über Bulgarien

über Bulgarien

Bulgarien (bulg. България [bəlg'arija], amtliche Bezeichnung: „Republik Bulgarien“ [Република България/Republika Bălgarija]) ist eine Republik in Südosteuropa mit etwa 7,6 Millionen Einwohnern.

Bulgarien ist seit dem 1. Januar 2007 Mitglied der Europäischen Union und seit 2004 Mitglied der NATO. Weiter ist Bulgarien unter anderem Mitglied der Welthandelsorganisation (WTO), des Kooperationsrates für Südosteuropa (SEECP) und der Schwarzmeer-Wirtschaftskooperation (BSEC).

Bulgarien liegt im Osten der Balkanhalbinsel und ist eine Republik, die im Norden an Rumänien, im Westen an Serbien und Mazedonien, im Süden an Griechenland und die Türkei grenzt. Im Osten bildet das Schwarze Meer die natürliche Staatsgrenze. Hauptstadt und Regierungssitz der Republik Bulgarien ist Sofia. Weitere bedeutende wirtschaftliche, administrative und kulturelle Zentren bilden die Städte Plowdiw, Warna, Burgas, Russe und Stara Sagora.

Das Gebiet Bulgariens besteht zu zwei Dritteln aus den Tiefebenen, die durch die Flüsse Donau und Mariza mit ihren zahlreichen Nebenflüssen gekennzeichnet sind. Dazu wird es durch zwei große Gebirgsketten markiert: das Balkangebirge (bulg. Стара Планина/Stara planina = Altes Gebirge) und die Rhodopen. Die höchsten Erhebungen des Balkangebirges sind der Berg Botew (2.376 m) und der Chumerna (1.536 m). Die nördlich gelegene Donautiefebene wird durch die Donau begrenzt, die hier die Staatsgrenze zu Rumänien darstellt. In ihr liegen die Städte Plewen, Razgrad, Russe und Schumen sowie Warna am Schwarzen Meer. Südlich des Balkangebirges erstreckt sich die Oberthrakische Tiefebene, auch Maritza-Ebene genannt. In diesem Mittelbulgarische Becken finden sich die Städte Plowdiw und Stara Sagora sowie Burgas am Schwarzen Meer. Diese Ebene wird vom Westen und im Süden durch die Rhodopen begrenzt, deren höchste Erhebung der Großer Perelik (2.191 m) ist. Im Südwesten des Landes befinden sich mit dem Rila- und dem Pirin-Gebirge zwei weitere Hochgebirge mit Gipfeln zwischen 2000 und 3000 Metern Höhe, wobei der Berg Musala (2.925 m) der höchste auf der gesamten Balkanhalbinsel ist.

Sprachen

Die Amtssprache ist Bulgarisch; weitere Landessprachen sind Türkisch, Romani und Armenisch. Während Romani kaum unterrichtet wird, gibt es in den Siedlungsgebieten der türkischen Minderheit oft Türkisch als Schulfach.

Ethnische Minderheiten

Nach der Volkszählung 2001 sind 83,9 % der Bevölkerung ethnische Bulgaren; 9,4 % sind Türken (siehe: Balkan-Türken), 4,7 % Roma. Außerdem leben Armenier, Serben, Griechen, Walachen (im Norden Rumänen, im Süden Aromunen) und die muslimischen, bulgarisch sprechenden Pomaken in Bulgarien. Die türkische Minderheit ist laut der Volkszählung von 2001[2] besonders zahlreich in den Bezirken Kardschali, Rasgrad, Targowischte, Silistra und Schumen vertreten. Die Pomaken sind v.a. im Bezirk Smoljan vertreten[3].

Zahlen zu den im Land lebenden Minderheiten beruhen auf Schätzungen, vorhandene Datenerhebungen werden von Kritikern als unzuverlässig eingeschätzt. Während die Ausländer- und Staatsbürgerschaftsgesetzgebung recht liberal sind und im Wesentlichen ein Augenmerk auf gesetzestreues Verhalten und Unterhalt haben, konzentrieren sich die häufigen Zensusdatenerhebungen wegen des Bevölkerungsrückgangs auf die Staatsbürger und den internationalen Reiseverkehr. International wurde oft Kritik geübt, etwa seitens der OECD, dass die Statistikbögen teilweise sehr ausführlich ethnische und religiöse Merkmale abfragen und teilweise sehr grob, so dass der Datenbestand verfälscht werde. Auch wird von offizieller Seite eingeräumt, dass speziell die Gruppen der Muslime und ethnischen Türken unter den Staatsbürgern und selbst der Ausländer aus der Türkei von der Bevölkerung mehrheitlich und undifferenziert als „Türken“ bezeichnet und wahrgenommen werden, was auf ihr Selbstverständnis einwirke.

Trotz dieser eigentypischen Distanz nehmen diese Gruppen in reger Weise am gesellschaftlichen und politischen Leben des Landes teil. Beispielsweise war die Bewegung für Bürgerrechte und Freiheiten (DPS), die überwiegend von türkischstämmigen Bürgern unterstützt wird, seit 2001 in jeder Koalitionsregierung vertreten. Jedoch verbietet die Bulgarische Verfassung von 1991 (Artikel 11, Abs. 4) eine Gründung von Parteien auf ethnischer, rassistischer oder religiöser Grundlage[4].

Die Roma und Sinti dagegen gehören in Bulgarien zu den am stärksten von Marginalisierung betroffenen Bevölkerungsgruppen. Ihre soziale Lage ist geprägt von Armut, einem zumeist niedrigen Ausbildungs- und Erwerbsniveau, sowie sozialer Stigmatisierung. Diese Lebenssituation hat sich durch den Transformationsprozess der 90er Jahre verstärkt und trifft besonders die Roma-Frauen, die sowohl unter der sozialen Perspektivlosigkeit als auch unter patriarchalen Familienstrukturen zu leiden haben.

Religionen

Artikel 13 der bulgarischen Verfassung von 1991 garantiert die Konfessionsfreiheit, hebt jedoch das orthodoxe Christentum als „traditionelle Religion Bulgariens“ hervor (die Autokephalie der Bulgarisch-Orthodoxen Kirche wurde 927 anerkannt). Die Verfassung schreibt weiter die Trennung von Staat und Religion vor und verpflichtet den Staat zu religiöser Neutralität und Parität.

Bei der letzten Volkszählung 2001 bezeichneten sich 83,9 % der Bevölkerung als Christen, die meisten gehören der bulgarisch-orthodoxen Kirche (82,6 %), der römisch-katholischen Kirche in Bulgarien und der armenisch-apostolischen Kirche an. Weitere 12,2 % sind Muslime. Außerdem gibt es eine rapide schwindende jüdische Minderheit (653 Mitglieder im Jahr 2001, 1992 noch 2.580 gegenüber fast 50.000 im Jahr 1947). Dabei handelte es sich vor allem um sephardische Juden. Im deutschen Sprachraum am bekanntesten ist der Schriftsteller und Nobelpreisträger Elias Canetti.

Die Religiosität und das Vertrauen in die Kirche sind in Bulgarien allerdings wesentlich geringer als zum Beispiel im Nachbarland Rumänien, was auch mit innere Zersplitterung der bulgarische Kirche in Verbindung gebracht wird. So bezeichnen sich nur 52 % der Bulgaren als religiös, und nur 22 % gehen mindestens einmal im Monat in die Kirche[6].

Bulgarisches Reich

Seit dem 6. Jahrhundert drangen Slawen ein, 679 die Bulgaren unter Asparuch, die gemeinsam das Erste Bulgarische Reich von Pliska (679 bis 1018) gründeten, das fast die ganze Balkanhalbinsel umfasste. Aus der Verschmelzung der Einwanderer mit der örtlichen Bevölkerung entstand das Volk der Bulgaren.

Boris I. trat 864 zum byzantinischen Christentum über. Sein Sohn Simeon I. (893-927), der bedeutendste Herrscher Bulgariens, besiegte die Serben, errichtete das bulgarische Patriarchat und förderte die altbulgarische Literatur. Er war der erste slawische Herrscher, der den Titel Zar trug, er selbst nannte sich „Zar (gr. Basileus) der Bulgaren und Rhomäer“ (= Oströmer bzw. Byzantiner). Im 10. Jahrhundert entstand in Bulgarien während seiner Herrschaft auch die kyrillische Schrift. Ab 972 bis 1018 kam Bulgarien sukzessive unter die Herrschaft von Byzanz.

Seit der Regentschaft Boris I. von Bulgarien im 10. Jahrhundert wurde das Land von Konstantinopel aus christianisiert, weshalb die Mehrzahl der Bulgaren bis heute dem orthodoxen Glauben angehört. Auch die bulgarische Kultur ist stark von der byzantinischen geprägt. Bulgarien war lange Zeit ein mächtiges Kaiserreich, das sich militärisch mit dem Byzantinischen Reich messen konnte. Während der Zeit des Zaren Petar I. entstand die christliche Religionsgemeinschaft der Bogomilen, die mit ihrer Literatur zu den Vorkämpfer gegen die Dogmatik der Kirche zählt und die Reformation in Westeuropa beeinflusst hat.[8].

Die Brüder Johann und Theodor Peter aus dem Hause Asen errichteten das Zweite Bulgarische Reich mit Tarnowgrad im Balkangebirge als neuer Hauptstadt. Das Reich, welches von 1186 bis 1393 bestand, erlangte seine größte Ausdehnung unter dem Zaren Iwan Asen II.. Die Hauptstadt Tarnowo wurde zum neuen kulturellen, geistlichen und politischen Zentrum Südosteuropas. Tarnowo wurde von Zeitgenossen als neues Jerusalem, Rom und Konstantinopel zugleich bezeichnet.[9]

 

Osmanische Herrschaft und Unabhängigkeit

1393 bzw. 1396 kam ganz Bulgarien unter osmanische Herrschaft, die fast 500 Jahre andauerte. 1444 scheiterte die Befreiung Bulgariens durch ein polnisch-ungarisches Heer unter Wladyslaw I., König von Polen und Ungarn, in der Schlacht bei Varna. In dieser Zeit hielten die Bulgaren der Islamisierung im Wesentlichen stand. Um 1800 erhob sich der geistig-nationale Widerstand, mit der Forderung nach Unabhängigkeit. In Bulgarien kam es zu einer Ära der nationalen bulgarischen Wiedergeburt (bulgarisch: Възраждане). Ähnlich wie in Westeuropa knüpfte sie an antike und frühere bulgarische und byzantinische Traditionen. Schipka-Denkmal der Gefallenen im Russisch-Türkischen Krieg.Die blutige Niederschlagung des April-Aufstands durch die Türken 1876, die an einen Genozid grenzte und Empörung in ganz Europa auslöste, führte zum russisch-türkischen Krieg 1877/1878. Dieser wurde mit ungeahnter Härte und massiven Verlusten auf beiden Seiten geführt. Nach der Überquerung der Donau und des Balkan-Gebirges mitten im Winter gewannen die russischen Truppen die Oberhand und rückten bis kurz vor Konstantinopel vor. Mit dem Frieden von San Stefano wurden die Grundlagen für den modernen bulgarischen Staat gelegt.

Fürstentum und Königreich Bulgarien

Als ein Ergebnis des Berliner Kongresses entstand das Fürstentum Bulgarien mit Sofia als Hauptstadt. Dieses war im Vergleich zu den Statuten des Friedens von San Stefano stark beschnitten und von seinem südlichen Teil Ostrumelien getrennt, der dem Sultan tributpflichtig blieb. Am 16. April 1879 wurde die erste demokratische Verfassung in Weliko Tarnowo verabschiedet. Fürst Alexander I. (1879-1886) versuchte innere Reformen durchzusetzen und besiegte die Serben, wurde aber durch eine von den Russen veranlasste Verschwörung gestürzt. 1887 wurde Ferdinand von Coburg-Gotha Fürst, der 1908 die völlige Loslösung von der Türkei erklärte und den Zarentitel annahm, womit aus dem Fürstentum das Königreich Bulgarien wurde. Die Erfolge der bulgarischen Truppen im Ersten Balkankrieg (Eroberung von Adrianopel) wiederholten sich im Zweiten Balkankrieg nicht. Während die bulgarische Streitmacht an der griechischen und serbischen Front gebunden war, drangen die Rumänen bis nach Sofia vor; die Türken eroberten Adrianopel wieder zurück.

Königreich Bulgarien, 1915

Im Ersten und Zweiten Weltkrieg kämpfte Bulgarien auf der Seite der Mittel- bzw. Achsenmächte. Das Königshaus und die Bevölkerung widersetzten sich erfolgreich der Verfolgung und der Deportation der Juden (Holocaust), die in den Grenzen von 1941 lebten. In den besetzten Gebieten von Makedonien und Thrakien wurde die jüdische Bevölkerung jedoch verhaftet und den Deutschen ausgeliefert. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs geriet Bulgarien unter sowjetischen Einfluss und wurde Teil des Warschauer Paktes.

 

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